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Diese Frage scheint auf den ersten Blick leicht zu beantworten zu sei. Die Spitze muss beim Scannen der Oberfläche folgen können. Dies hat zwei Voraussetzungen:
- Das mechanische Scansystem muss der Oberfläche folgen können
- Der Sensor muss die Oberflächeninformationen schnell genug liefern
Über den ersten Punkt entscheidet die Eigenfrequenz des Scansystems. Hier muss man unterscheiden
zwischen der Z-Bewegung und der X/Y-Bewegung. Die Z-Bewegung muss grundsätzlich schneller erfolgen,
um dem Topographieverlauf innerhalb einer Scanzeile folgen zu können.
In X/Y-Richtung dagegen wird nur die langsamere Scanbewegung benötigt. Insofern ist die Eigenfrequenz
des Systems in Z-Richtung üblicherweise höher als in X/Y-Richtung. Über die Eigenfrequenz des
Systems in Z-Richtung entscheidet im wesentlichen die Bauart, d.h. ob die Z-Bewegung von der Spitze oder der
Probe durchgeführt wird.
Es ist leicht vorstellbar, dass eine große Probe (> 1 cm Durchmesser) mit
dem entsprechenden Probentisch nur langsamer nach oben und unten bewegt werden kann als eine kleine Probe oder
die AFM Spitze. Deshalb werden Probenscanner (Samplescanner) oftmals mit Z-Piezo auf Cantileverseite hergestellt.
Die Eigenfrequenz des X/Y-Scanners ist weniger kritisch, man kann sie z.B. herausfinden, wenn man mit hoher
Geschwindigkeit eine atomar flache Probe scannt. Ab einer gewissen Geschwindigkeit sieht man im Randbereich des
Bildes vertikale Linien, die auf eine Oszillation des XY-Scanners hindeuten.
Grundsätzlich gilt, dass ein kleinerer Scanner mit kleinerem Scanbereich bei gleicher zu bewegender
Masse eine höhere Eigenfrequenz aufweist als ein Scanner mit größerem Scanbereich. Um einen
schnellen Scanner zu erhalten, müssen wir ihn also relativ kompakt bauen.
Was bestimmt nun die Scangeschwindigkeit bei kleinen Scannern? Damit landen wir bei Punkt 2.
Wenn die Eigenfrequenz des Scanners vernachlässigt werden kann, bestimmt die Informationsübertragung
von der Oberfläche zum Sensor die maximale Scangeschwindigkeit.
Betrachtet man das ganze informationstheoretisch, bedeutet das, je schneller die Informationen von der
Oberfläche abgelesen werden können, desto schneller kann man scannen. Leider bekommt man mehr
Information pro Zeiteinheit von der Oberfläche nicht umsonst. Denn Information ist gleichbedeutend mit
Interaktion, beim AFM also Kraft auf die Oberfläche. Möchte man schneller scannen, muss man
stärker aufdrücken.
Selbstverständlich kann man die Kraft auch anderweitig beeinflussen, beispielsweise indem man den
Cantilever kleiner macht. Damit ergibt sich das Probleme, dass der Laserstrahl stärker fokussiert und sich
somit der Reflex mit großem Raumwinkel aufweitet und auch sensitiver gegenüber Oberflächenrauhigkeiten
des Cantilevers wird.
Interessant ist dies im AC-Modus: Ein Cantilever mit hohem Q-Faktor ist empfindlicher und arbeitet
bei weniger Krafteinwirkung auf die Oberfläche als ein Cantilever mit kleinem Q-Faktor. Gleichzeitig
oszilliert ein Cantilever mit hohem Q-Faktor leichter (die Oszillation wird weniger gedämpft) und
benötigt weniger Energiezufuhr bei gleicher Oszillationsamplitude. Wird nun die Cantileveroszillation
komplett gedämpft, benötigt ein Cantilever mit hohem Q-Faktor länger, um die Ausgangsamplitude
wieder zu erreichen, er reagiert also langsamer.
Eine resonante Schwingung speichert mehr Energie, je höher der Q-Faktor ist. Am schnellsten reagiert
ein Cantilever mit dem Q-Faktor 1, der außerhalb der Resonanz betrieben wird.
Dieses Limit kann man leicht selbst ausprobieren: Scannt man im AC-Modus eine sehr flache Probe, schaltet den Loop ab (Loop Gain = 0) und nimmt ein Amplitudenbild auf, lässt sich die maximale Reaktionsgeschwindigkeit des Cantilevers herausfinden. Die Eigenfrequenz des Z-Scanners geht jetzt nicht mehr ein, und man kann beobachten, wie ab einer bestimmten Scangeschwindigkeit das Bild verwaschen wird. Vergleicht man jetzt die Maximalgeschwindigkeiten von Spitzen mit hohem und niedrigem Q-Faktor, können sich hier starke Unterschiede ergeben.
Daraus ergeben sich folgende Sachverhalte:
- Die Bildrate eines AFMs mit einem auf Geschwindigkeit optimierten Scanner ist durch die Antwortzeit des Sensors limitiert.
- Bei identischer Bildqualität steigt bei Erhöhung der Scangeschwindigkeit der Informationsfluss von der Probenoberfläche und damit die Interaktion zwischen Oberfläche und Spitze.
- Als Richtwert für die Antwortzeit des Sensors gilt näherungsweise Q-Faktor / (π * Eigenfrequenz).
Mit gängiger Cantilevertechnik (Highspeed-Cantilever) an Luft liegt das Geschwindigkeitslimit in der Größenordnung 1 mm/s. Man kann diesen Wert durch Optimierung beeinflussen, allerdings nicht um Größenordnungen, wie dies z.B. für reelles großflächiges Echtzeitscannen notwendig wird. Ein Scan von (2 µm)² bei 400 Zeilen, was etwa der Fernsehzeilenzahl und der Standard-Cantileverauflösung entspricht, dauert bei dieser Geschwindigkeit 1,6 s. Möchte man noch schneller werden und zu Videoraten von 25 Hz bei gleicher Auflösung gelangen, werden wesentlich höhere Geschwindigkeiten erforderlich, die mit gängiger Cantilever- und Detektionstechnik jedoch prinzipiell nicht erreichbar sind.
Experimentell wurden Cantilever mit bis zu etwa 4 MHz Eigenfrequenz realisiert, mit denen sich im Kontaktmodus Geschwindigkeiten in der Größenordnung 10 mm/s realisieren lassen. Damit würde obiges Beispiel eine Framerate von etwa 6 Hz erreichen, oder beispielsweise bei nur 100 Zeilen sogar die 25 Hz. Leider bringen diese Cantilevertypen, die nur 1-2 µm breit sind, ein schlechteres Signal/Rauschverhältnis auf der Detektorseite mit sich und sind in der Praxis nur schwer zu handhaben.
Wir haben uns bei unseren Standard-AFMs für die Spitzenscanner-Bauart entschieden, bei der alle
Piezokristalle auf Spitzenseite sitzen. Unsere Standard-AFMs gehören deshalb zu den schnellsten am
Markt verfügbaren Scannern. Bei unseren konventionellen AFMs spielen die Eigenfrequenzen des Scanners bei
maximalen Scanbereichen kleiner als (50 µm)² keine Rolle mehr, weshalb wir uns für 50 µm²
als kleinste verfügbare Scannergröße entschieden haben.
Mit unserem 200 µm² Scanner sollte man deshalb, um ein mit dem (50 µm)² Scanner
vergleichbares Bild zu bekommen, mit etwa der Hälfte bis ein Drittel der Scangeschwindigkeit des
(50 µm)² Scanners arbeiten. Die Auflösung ist dagegen relativ unabhängig von der
Scannergröße und in beiden Fällen atomar.
Für weiterführende Informationen zu High-Speed AFMs siehe z.B. Ando et al., Eur J Physiol (2008) 456, p. 211-225